30. August 2024
Viele Krankenhäuser werden die Krankenhausreform nicht mehr erleben
Die Pläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach für eine große Reform der Krankenhauslandschaft haben ihm bereits einige Kritik eingebracht. Bayern droht mit dem Verfassungsgericht, die Kassenärzte mit Brüssel. In dieser Woche haben sich die Geschäftsführer der großen Krankenhäuser in der Region mit Bundespolitikern getroffen, um in einem gemeinsamen Austausch zu klären, wo die Defizite der Reform liegen und warum sie die akute wirtschaftliche Notlage der Kliniken nicht verbessert.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat vor der Sommerpause das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) vorgestellt. Das Reformvorhaben ist so komplex wie der Name verspricht, besonders wenn man auf die Details schaut. Im Kern geht es bei dieser Reform darum, die Krankenhauslandschaft so zu reformieren, dass weniger Krankenhäuser bestimmte Operationen und Behandlungen anbieten können. Darüber hinaus sollen die Krankenhäuser nicht mehr ausschließlich über Fallpauschalen honoriert werden, sondern einen Teil ihrer Einkünfte über ein Vorhaltebudget bekommen. Der Bundesgesundheitsminister verspricht mit der Reform weniger ökonomischen Druck für die Krankenhäuser, weniger Bürokratie und eine auskömmliche Finanzierung. Aus Sicht der Kliniken im Kreis Gütersloh und der Stadt Bielefeld werden diese Ziele allesamt verfehlt, wenn das Bundesgesundheitsministerium die Reform nicht an entscheidenden Stellen korrigiert.
Aus diesem Grund haben die Geschäftsführungen der Kliniken im Kreis Gütersloh und der Stadt Bielefeld Bundestagsabgeordnete aus der Region eingeladen, um mit ihnen über die Fallstricke der Reform zu diskutieren und deutlich zu machen, warum sie dem Gesetz in seiner jetzigen Form nicht zustimmen sollten. Für Michael Ackermann (Geschäftsführer des Klinikum Bielefeld), Thorsten Kaatze (Geschäftsführer des Evangelischen Klinikums Bethel), Maud Beste (Geschäftsführerin Klinikum Gütersloh), Dr. Jan Schlenker (Geschäftsführer der Katholischen Hospitalvereinigung) und Jan Hendrik Unger (zukünftiger Kaufmännischer Direktor des LWL-Klinikums Gütersloh und der LWL-Klinik Paderborn) war die Diskussionsrunde eine wichtige Gelegenheit, um die Perspektive der Krankenhäuser auf die Reform zu erläutern und ihre Bedenken zu äußern, da die Krankenhäuser beim Entwurf der Reform nicht mit am Tisch saßen. Dr. Wiebke Esdar (SPD), Robin Wagener (Bündnis 90/Die Grünen) und Ralph Brinkhaus (CDU) sind der Einladung gefolgt und haben Interesse und Offenheit für die Anliegen der Krankenhäuser mitgebracht.
Kernpunkt der Kritik der Kliniken ist, dass die Reform die dringend benötigte finanzielle
Sicherheit für die Krankenhäuser nicht liefert. Denn sie wirkt frühestens im Jahre 2029.
Die Krankenhäuser brauchen aber sofort finanzielle Hilfe. Bis die Reform greift werden
nach Ansicht der Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer zahlreiche weitere Kliniken
vor dem wirtschaftlichen Aus stehen und die Insolvenzwelle weiter rollen. Allein die
NRW-Kliniken haben durch Inflation und Lohnkostensteigerungen, die nicht refinanziert
wurden, ein Defizit von 2,2 Milliarden Euro seit 2022 angehäuft. Dieses Defizit wächst
jedes Jahr weiter. Die geplante Vorhaltefinanzierung wird nach Ansicht der Experten
nicht mehr Geld ins System bringen, sondern es nur umverteilen und so zu mehr
Bürokratie führen.
Über 1700 Kliniken in Deutschland und über 300 Kliniken in NRW sind zu viel, darüber
sind sich auch die Geschäftsführer der Kliniken in OWL einig und begrüßen deshalb
ausdrücklich eine Reform der Krankenhausstruktur. Auch die Spezialisierung bei
bestimmten Operationen und Behandlungen auf die Krankenhäuser, die dafür am besten
qualifiziert sind, ist aus Sicht der Klinik-Geschäftsführer absolut richtig. Deshalb
unterstützen die Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer der Kliniken wie auch die
Deutsche Krankenhausgesellschaft die Reformpläne des Landes NRW, das bereits eine
Krankenhausplanung in die Wege geleitet hat. Die Klinik-Geschäftsführer wünschen sich
von der Bundespolitik, dass sie das Land NRW als Blaupause nutzt, statt am
Schreibtisch in Berlin Reformen zu entwerfen, deren reale Auswirkungen niemand
abschätzen kann und die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Lasten der Patienten gehen.